Ohne Strom, ohne warme Dusche und fernab jeglicher Anbindung trekkte ich mit 12 kg auf dem Rücken die letzten Wochen durch das Himalaya-Gebirge. Auf dem Weg traf ich wunderbare Menschen aus Chicago mit dem Ziel auf den Berg Gokyo Ri auf 5360 m zu steigen, welchen ich mich anschloss. Weder das Verlorengehen noch das Abstürzen schreckten mich ab, sondern vielmehr die Höhenkrankheit, die bereits ab 2500 m auftreten und zu Lungenödemen, Hirnödemen bis hin zum Tod führen kann. Auf den zu erreichenden 5360 m gibt es nur noch halb so viel Sauerstoff wie auf Meereshöhe, wodurch das Risiko mit jedem Meter steigt.
Bereits der Flug in das Himalaya-Gebirge war ein Abenteuer. Aufgrund der Berge, des Wetters und der kurzen Landebahn zählt der Flughafen in Lukla zu den gefährlichsten der Welt und forderte bereits mehrere Todesopfer. Alle hier landenden Fluggesellschaften stehen auf der Schwarzen Liste der EU. Andere (sicherere) Möglichkeiten bleiben jedoch nicht, wenn man einmal vor dem Mount Everest stehen möchte. Doch diese Wanderung war jedes Risiko wert und so schön - dafür reichen Worte nicht. 10 Tage führte der Weg mitten durch die Natur entlang atemberaubenden Schluchten, steilen Berghängen, hellblauen Flüssen, gletscherartigen Felsen, kleinen nepalesischen Dörfern und schneebedeckten Gebirgsketten. Bunte Gebetsflaggen zieren die Wege, Dörfer und Bergspitzen und verschönern die ohnehin beeindruckende Gegend. Teilweise ist es auf dem Weg so ruhig, dass man nur den Wind, die eigenen Schritte und hin und wieder ein Vogelgezwitscher oder das Rauschen des Flusses hört. Es gibt keine Straße, keine Fahrzeuge, keine Anbindung. Alles wird zwischen den Dörfern über Esel, Yaks oder Porter transportiert, wobei die Träger teilweise über 100 kg auf ihrem Rücken den Berg hochtragen. Nach den täglichen 6 bis 8 Stunden Fußmarsch übernachteten wir in Teehäusern – eine Art einfache Herberge.
Die Gegend um Gokyo war unfassbar schön und erinnerte
aufgrund der kargen und doch so farbenfrohen kontrastreichen Landschaft fast an
einen anderen Planeten. Schwarz-weiße mit grünem Moos bedeckte Steine,
türkisblaue Seen sowie riesige schneebedeckte Gebirgsketten umrahmten den Weg.
Der finale Aufstieg auf den Berg Gokyo Ri in 5360 m Höhe stand bevor. Die
Schritte wurden schwerer, die Luft dünner – egal wie viel man atmete, es schien
kaum noch Sauerstoff im Körper anzukommen. Doch dieser Augenblick, in dem man
die Spitze erreicht und rundum auf die weißen Bergriesen, Gletscher und Seen
blickt, lässt einen alles vergessen und ist mit keinen Worten zu beschreiben. Und
da sah ich ihn - den Mount Everest. 8848 Meter – die Spitze der Welt – und ich
stehe davor. Das war einer der unglaublichsten Momente in meinem Leben.
Unvorhergesehen verlängerte sich meine Wanderung noch um
einige Tage, da aufgrund des schlechten Wetters keine Flüge starten durften. So
lief ich abseits der üblichen Touristenwege mehrere Tage quer durch das
Himalaya-Gebirge, um die nächste Straße und damit meinen Weiterflug nach Bangkok
rechtzeitig zu erreichen. Dank dieser Umstände erlebte ich Nepal noch einmal
von einer ganz anderen einzigartigen Seite – der passende Abschluss für diese
zwei abenteuerlichen und prägenden Monate in diesem beeindruckenden Land. Nepal
strahlt so eine tiefe Zufriedenheit, Gelassenheit und Ruhe aus, wie ich es
bislang an keinem anderen Ort erlebt habe.
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