Quietschende Reifen. Ein kräftiger Ruck. Ich sah das Taxi,
in dem ich saß, noch direkt auf das andere Auto auf der Kreuzung zurasen,
welches über eine rote Ampel gerauscht war. So begann mein erster Tag in Buenos
Aires. Zum Glück nur mit einem Blechschaden und einem Schreck. Generell reichte mir die Stadt nach kurzer Zeit. Zu viele Menschen, zu viel Hektik, zu viel Party… Ich
brauchte Ruhe und Zeit für mich. Das Schlafen in Hostels und das ständige Reden
müssen wollte ich gerade nicht mehr. Ich sehnte mich nach Routine, einem
eigenen Zimmer und der Natur. Da war ich wohl am falschen Platz. Ich fand ein
Yoga-Zentrum mitten im Grünen nicht weit von der Großstadt entfernt. Eine Woche
lebte ich dort bei einer argentinischen Familie, die das Zentrum betreibt.
Fast alles, was sie zum Leben brauchen, produzieren sie
selbst. Sie bewirtschaften weite Felder und haben zahlreiche Tiere, wie z.B.
Pferde, Lamas, Hühner und sogar Bienen zur Honigproduktion. Sie leben nach dem Konzept
der Permakultur, das auf ein nachhaltiges Zusammenleben von Menschen, Tieren
und Pflanzen abzielt. Man könnte es als eine Art sich selbst erhaltendes und
selbstregulierendes Ökosystem beschreiben. Es geht nicht nur darum einen Ertrag
von der Natur zu erzielen, sondern auf die Bedürfnisse des gesamten Systems
Rücksicht zu nehmen und im Gleichgewicht mit der Natur zu leben. Ich war
fasziniert von diesem Ort und fühlte mich gleich wohl. Eine Woche lang lebte
ich hier ohne Kontakt zur Außenwelt. Ich hatte alles, was ich zum Leben
brauchte. Die Tage verbrachte ich mit viel Yoga, Tanz, Meditation und
Nichtstun. Meist saß ich an dem mit zahlreichen Blumen geschmückten Teich und
bestaunte den Pfau, der mit seinem riesigen Federkleid zwischen den Bäumen
hindurch über die Wiese tanzte.
Den durchgehenden
Muskelkater hatte ich vor allem dem Ashtanga-Yoga zu verdanken… 1,5 Stunden Yoga
ohne Pause. Bei dieser Form des Yoga gibt es festgelegte Bewegungsabläufe,
welche mit dem Atem synchronisiert werden. Bei manchen Positionen war man so verknotet,
dass man kaum noch wusste, was Arme oder Beine sind. :)
Auch die Häuser hat die Familie aus Naturmaterialien selbst gebaut.
Jeder Raum ist einzigartig und kreativ gestaltet. Die Wände sind aus Holz und
Lehm und alte bunte Flaschen sowie gebogenes Glas dienen als Fenster. Teilweise
wachsen selbst Bäume durch die Räume hindurch, sodass man sich selbst in den
Häusern wie draußen in der Natur fühlt.
Das Essen war mehr als gesund und vegetarisch. Es gab
Fruchtsäfte, Salat, Gemüse-Kuchen, Gemüse-Suppe, Gemüse-Bouletten und die
typisch argentinischen Empanadas – (mit Gemüse) gefüllte Teigtaschen. Ebenfalls
typisch für Argentinien ist der Mate-Tee, den wir an den Nachmittagen tranken.
Ein mit Sherpa-Mate und anderen Kräutern bis zum Rand gefüllter Becher wird mit
heißem Wasser aufgegossen und dann über einen breiten Metall-Trinkhalm
getrunken. So wird der Becher von einer zur nächsten Person weitergereicht.
Empanadas |
Natürlich nahm ich auch ein wenig Kultur der Großstadt Buenos Aires mit. Mit Hannah aus dem Hostel schaute ich mir eine der vielen berühmten Tango-Shows an mit Tanzstunde und 3-Gängemenü. So schick war ich in meiner gesamten Reisezeit nicht ausgegangen. Die Paare wirbelten mit einer Eleganz über die Bühne, tanzten ganze Geschichten und schwangen die Beine in hohen Bögen über die Köpfe derer Tanzpartner. Der perfekte Abend für Hannahs Geburtstag. Nur als Vegetarier wird man in Argentinien einige Probleme bekommen bei dem Fleischkonsum der Argentinier. Steak ist in jedem Restaurant ganz oben auf der Speisekarte.
Nicht weit von Buenos Aires entfernt machte ich noch mit der
Fähre einen Abstecher nach Colonia, der ältesten Stadt Uruguays. Ich
schlenderte durch die schmalen, grob gepflasterten Gassen der kleinen zum
UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Altstadt. Sie liegt direkt am Rio de la Plata,
einem Fluss, der durch seine Breite (mit bis zu 220 km am Mündungstrichter)
eher an ein Meer erinnert. Noch heute kann man die vielen verschiedenen
Baustile der Stadt durch die wechselreiche kriegerische Vergangenheit sehen.
Kleine Steinhäuser reihen sich dicht aneinander, alte Wägen aus Holz
verschönern die Gassen und die vielen alternativen kunstvollen Geschäfte
hauchen der von viel Grün umgebenen Stadt Leben ein.
Mit dicken Wintersachen im Gepäck starte ich nun in den
nahezu letzten Abschnitt meiner Reise. Es geht nach Ushuaia, der mit am südlichst
gelegenen Stadt der Welt.
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